Das Fräulein Hoff (2003)

Hommage an eine Unermüdliche

In: Anfänge. Erinnerungen zeitgenössischer Komponistinnen und Komponisten an ihren frühen Instrumentalunterricht. Herausgegeben von Marion Saxer. Wolke Verlag Hofheim, 2003 (ISBN 3-936000-08-5)

Leseprobe:

(...) „Der Herr Doktor“ – Komponist, Musikerzieher, Geiger, promovierter Historiker – war ein Vetter oder Onkel des „Fräulein Hoff“ gewesen, er hatte seinerzeit mit Hindemith Streichquartett gespielt und in der Nachkriegszeit mittellosen Musikstudenten in seiner Privatwohnung, Krögerstraße 11, ein geheiztes Winterquartier samt Suppe und Hausmusik gewährt. 1949 gründete er zusammen mit anderen Kollegen einen Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, Musikern und Musikerziehern im zerbombten Frankfurt beim Neuaufbau ihrer beruflichen Existenz zu helfen, ihnen Schüler und Unterrichtsräume zu vermitteln und sie juristisch zu unterstützen. Für alles Praktische war von Anbeginn Fräulein Hoff zuständig gewesen: für das Management, die Finanzen und, so darf vermutet werden, auch für’s Suppekochen.
Doch alles dies war nur in Bruchstücken von Frau Hoff zu erfahren, ihr Tribut an die Vergangenheit bestand nicht (wie bei so vielen Altersgenossinnen und -genossen) im schwelgenden, verklärenden oder trauernden Rückblick, sondern im aktiven Fortschreiben: Frau Hoff lebte kompromisslos in der Gegenwart. Von ihrem musikalischen Horizont konnte dies freilich nicht behauptet werden. Zeitgenössisches kam in den von ihr organisierten Konzerten so gut wie nie vor, Hindemith, Satie und Prokofjeff galten als respektabel, aber kühn, und wo sich doch einmal ein noch neueres Stück in eines der Programme verirrte (meist waren es die Blockflötistinnen, die es aus Mangel an anständigem Repertoire partout nicht lassen konnten, Neue Musik zu spielen), ließ Frau Hoffs Schimpftirade auf die Schöpfer eines solchen Unsinns nicht lange auf sich warten. Dass manche von denen, soweit sie selber zum Nachwuchs zählten, ihr kompositorisches Werk gar mit offizieller Unterstützung durch ein städtisches Stipendiums verrichteten (wo doch diese Fördermittel bei ihren Interpreten-Schützlingen so viel besser angelegt gewesen wären) war in ihren Augen ein unerträglicher Missstand. (...)

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