Eine Produktion des Kölner Filmhauses. Konzeption: Bernhard König und Heidi Hutschenreuter.
Regie: Christos Nicopoulos. Uraufführung: 12. November 1994, Stadtgarten Köln
Gesangsquartett „Harem 4“, Krahnenbaum Company Köln, Volker Hein („Kinodirektor“).
Alte Stummfilme mit Live-Musik für ein improvisierendes Salonorchester, garniert mit Kinoerzähler, Geräuschemacher, Kabarett und verschiedenen Show- und Revueeinlagen. Das Filmprogramm der Premiere bestand aus Klassikern des frühen Stummfilms, etwa von Chaplin, George Méliès oder den Gebrüdern Skladanowski. In einer Neuinszenierung von 1995 (Regie: Christos Nicopulos) wurde das Schwergewicht auf Filmraritäten aus der Frühzeit des Kölner Kinos gelegt.
Sensationelle Licht=Schau=Spiele: Programmtext
Die „Sensationellen Licht=Schau=Spiele“ sind eine poetische Rekonstruktion frühester Filmaufführungspraxis. Sie entführen das Publikum in jene Zeit, in der Kino nicht im Kino stattfand, sondern in Kneipen, Zirkuszelten oder bürgerlichen Bildungsveranstaltungen; in der die „Kinematographie“ eine Jahrmarktsattraktion war, die dem staunenden Publikum zusammen mit Magiern und Jongleuren präsentiert wurde; in der die Kinoprogramme meist aus einer wilden Mischung von Belehrendem und Humorvollem, Kitsch und Kunst, Melodram und Abenteuer bestanden.
Die Original-Stummfilme aus den 10er und 20er Jahren werden von improvisierter und komponierte Livemusik der Krahnenbaum Company Köln unter der Leitung von Bernhard König begleitet. Zwischen den Filmen singt ein Vokalquartett neu komponierte Kinoschlager im Stil der zwanziger Jahre ("Erika, wir gehn ins Kinema..."); ein Verein von Sittenwächtern protestiert gegen den Tonfilm und die Verlotterung der Sitten; ein Kinodirektor begrüßt stolz die eigens eingeflogene Stummfilm-Diva, die auf der Bühne seine Fragen genauso beantwortet, wie sonst auf der Leinwand: Stumm.
Sensationelle Licht=Schau=Spiele: Pressebericht
Derzeit boomt die nachträgliche Begleitung von historischen, zumeist als legendär eingestuften Stummfilmen. Das Stadtgarten-Wochenende wagt sich dabei auf weitgehend unsondiertes Terrain. Spiritus rector in Sachen Musik ist Bernhard König, der sich als Absolvent von Mauricio Kagels Hochschulklasse für Neues Musiktheater stets an den durchlässigen Rändern von Hörspiel, Bühne, Film und Musik bewegt hat. Zur Begleitung der vorgeführten Marksteine aus der Frühzeit des Kinos hat König stilistisch wendige Gruppen aus dem Übergang zwischen Jazz und Neuer Musik eingeladen. (...) Experimentelle Verve verspricht vor allem Königs eigener Eröffnungsabend mit dem Vokalquartett „Harem 4“ und der „Krahnenbaum Company“. Seine alte Idee vom „Wanderkino“, welches in ein buntes Unterhaltungsprogramm mit Artisten und Gauklern integriert war, hat König zum „inszenierten Kino“ inspiriert: Zauberer, Jongleur und Conférencier mischen sich performanceartig unter die lebenden Bilder eines Georges Méliès oder Urban Gad, die mit musikalischen Versatzstücken der Stimmungskataloge, Projektionsgeratter und improvisierte Melodramen untermalt werden – fürwahr ein ästhetischer Salto mortale des guten alten Kinematographen.