Uraufführung der szenischen Version für Barockinstrumente und moderne Instrumente: 13. Oktober 1995, Konzertsaal der Musikhochschule Köln. Krahnenbaum Company Köln, Franz Klee (musikalische Leitung). Anne Kordbarlag und Christoph Kolb (Darsteller), Matthias Gräßlin (Regie).
Erstaufführung der Neufassung für Klarinette, Violine, Violoncello, Klavier und Zuspielband: 25. März 1997, Bürgerzentrum Alte Feuerwache Köln.
Ensemble MusikFabrik NRW
Erstaufführung der Version für Akkordeon solo und Zuspielband: 13. Juni 2004, Musikhochschule Bremen (Margit Kern).
Die Hörspielkomposition „Aus Alters Heimen“ verbindet eine Collage aus dokumentarischen Sprachaufnahmen alter Menschen mit einer durchkomponierten Musik. Die O-Ton-Aufnahmen entstanden in zahlreichen Interviews mit den Bewohnern verschiedener Altenheime.
Aus Alters Heimen: Programmtext
Von den Erzählungen alter Menschen geht eine besondere Faszination aus: Selbst wenn es mitunter vorkommen kann, dass das, was sie erzählen, einige Geduld und Toleranz erfordert, so besitzt doch die Art, wie sie es erzählen stets eine eigentümlich Poesie. Die Stimme eines Achtzig- oder einer Neunzigjährigen hat schon allein dadurch eine für uns Jüngere unnachahmliche expressive Kraft, dass hier ein langes Leben zu Klang und Rhythmus geworden ist. (...) Für mich persönlich war die Arbeit an „Aus Alters Heimen“ weit mehr, als eine Auseinandersetzung mit Tönen und Texten: Eine Folge beeindruckender und intensiver Begegnungen, die mich mit fremder Vergangenheit, mit häufig ignorierten Phänomenen der Gegenwart und mit der eigenen Zukunft konfrontierten. Die meisten dieser Begegnungen werden sich nicht wiederholen lassen: Dreizehn meiner insgesamt 21 GesprächspartnerInnen starben noch bevor ich meine Komposition fertig stellen konnte.
Alte Stimmen und Neue Musik: Zur Entstehung
Der Entstehungsprozess von „Aus Alters Heimen“ glich einer Art Selbstversuch: Ich konfrontierte mich zunächst auf recht massive Weise mit dem Thema »Alter«, indem ich mich zwei Wochen lang in einem Altenheim einquartierte. Ich hatte dort ein eigenes Zimmer, nahm an den kollektiven Mahlzeiten teil und führte täglich sechs bis acht Stunden lang Einzelgespräche mit den Bewohnerinnen und Bewohnern, die ich größtenteils auf Tonband mitschnitt. Die Themen dieser Interviews bestimmten meine Gesprächspartner während des Gespräches selber: Krankheit und Einsamkeit, Reiseberichte und familiäre Erinnerungen, und natürlich immer wieder die Auseinandersetzung mit Krieg und Nationalsozialismus. Mir ging es dabei allerdings nie um geschichtliche Recherche im Sinne einer oral history, sondern stets um die gegenwärtige, vorgefundene Situation: Um die Spuren beispielsweise, die das einst Erlebte in den heutigen Ausdrucksformen meines jeweiligen Gegenübers hinterlassen hatte, die Brüchigkeit einer Stimme, das insistierende Kreisen, epische Schweifen oder sprunghafte Assoziieren eines Berichtes. (Am wenigsten waren diese Spuren übrigens bei zwei strammen Altnazis zu beobachten: sie sprachen beide nahezu druckreif). Und es ging mir um die bizarre Wirklichkeit dieses Ghetto-Daseins, um diese unglaubliche, Jahre oder manchmal Jahrzehnte währende Einsamkeit unter lauter Gleichaltrigen und Mitbetroffenen.
Bei mir selbst hinterließ das kurze Eintauchen in diese Welt (dem weitere, regelmäßige Besuche in verschiedenen anderen Altenheimen folgten) einen so tiefen Eindruck, dass ich zwei Jahre Abstand brauchte, bis ich in der Lage war, die aufgenommenen Bänder als »Material« auszuwerten und zu einer O-Ton-Collage zu verarbeiten.
Aus Alters Heimen: Beispiele aus dem Textbuch
"Mir woarn, mir san, mir sin dann in kleine Ell-Ka-Wee-Kolonne aigteilt worn, weil kleine Ell-Ka-Wee-Kolonnen, die worn beweglicher als wie große Ell-Ka-Wee-Kolonnen...“
„Das sind alles echte Zähne noch.“
„1923 hab ich als Ausgleich zu mein Technikum, um ne Betätigung zu haan, habich jeboxt. Und zwar sehr gern, eine der schönsten Sportarten, die ich überhaupt kenne, weil man ganz allein im Ring steht und dann geht’s los.“
„Ja, so war’s. Nu hab ich meine Lebensgeschichte erzählt. Noch was?“
Bezugsquelle
Aufführungsmaterial „Aus Alters Heimen“ in der Version für Klarinette, Violine, Violoncello, Klavier und Zuspielband beim Komponisten erhältlich. Partitur: 55,-€ (zuzüglich Versandkosten und Mehrwertsteuer)
Aufführungsmaterial (Einzelstimmen und Zuspielbänder) auf Anfrage.